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Drogenkonsum in Bern: Heroin, Kokain und Ecstasy

Rahel Gall Azmat, Geschäftsleiterin von CONTACT Stiftung für Suchthilfe, im Gespräch mit der Berner Zeitung über veränderte Konsumgewohnheiten.

Heroin stagniert, Kokain boomt, Ecstasy eskaliert

Der demografische Wandel erreicht das Berner Drogenbusiness: Anders als in den USA überaltert die Heroinszene, die Jugend setzt auf Kokain und Ecstasy.

Die Anlaufstelle für Drogenkonsumenten an der Hodlerstrasse in Bern, bekannt als Fixerstübli, wird demnächst saniert und ­behindertengängig gemacht. Es wird ein Ort, eingerichtet für Kundschaft im gesetzten Alter.

Obschon Heroin zu Tiefstpreisen zu haben ist und das in den USA zu einer Drogenepidemie geführt hat, machen sich in Bern Überalterungstendenzen breit. Heroin mit seiner dämpfenden Wirkung hat ein Verliererimage und zieht Junge kaum mehr an. […]

Rahel Gall, Geschäftsführerin der Suchthilfestiftung Contact, warnt aber davor, die Heroinsucht quasi als gelöstes Problem zu betrachten. In Bern werde, fast unbemerkt, nach wie vor viel Heroin konsumiert.

Einen gewaltigen Boom erlebe hingegen das aufputschende Kokain. Und die in der Partyszene beliebten Ecstasy-Pillen machten eine schwindelerregende Entwicklung: Die Konzentration der in ihnen enthaltenen Wirkstoffe nehme rasant zu.

 

Heroin, Kokain, Ecstasy – veränderte Konsumgewohnheiten

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Unter den Heroinabhängigen in Bern macht sich die Überalterung bemerkbar. Die jüngeren Generationen greifen lieber zu Kokain. der zu Ecstasy-Pillen, deren Konzentration und Gefährlichkeit rasant zunimmt. Der klassischen harten Drogenszene geht der Nachwuchs aus. Langjährige Heroinkonsumenten kommen ins Renten- oder sogar Altersheimalter, die jüngeren Generationen meiden Heroin, dem das Image der Verliererdroge anhaftet.

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Dass die Anlaufstelle – wo Drogen konsumiert werden dürfen, aber nicht abgegeben werden – überflüssig werde, davon sei man weit entfernt, sagt Rahel Gall, Geschäftsleiterin der Suchthilfe­stiftung Contact, von der das ­Lokal an der Hodlerstrasse geführt wird. Kantonsweit gebe Contact bis heute täglich 2500 saubere Injektionsnadeln ab. Zu Zeiten der offenen Drogenszene vor 25 Jahren waren es laut Barbara Mühlheim, die damals die Spritzenabgabe leitete, zwar ­sicher doppelt so viele. Aber: «In Bern wird nach wie vor viel Heroin konsumiert», hält Rahel Gall fest. In der Anlaufstelle sind heute von den über 600 registrierten Benutzern 225 unter 40-jährig. Sie werden die Anlaufstelle noch jahrzehntelang frequentieren.

Es sei schon richtig, dass derzeit immer weniger Junge ins ­Heroin, das dämpfend wirkt, einsteigen. Daraus für die Schweiz einen Zukunftstrend abzuleiten, hält Gall für verfrüht.

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Interlaken erlebt, tourismus­bedingt, einen Kokainhöhenflug. In Biel hingegen nimmt die Frequenz in der Anlaufstelle für ­Heroinabhängige eher zu. Und, fügt Rahel Gall an, steigend sei auch in Bern die Nachfrage nach Plätzen in Programmen, in denen Heroinkonsumenten Ersatz­medikamente wie Methadon oder Subutex abgegeben werden.

Bern im Kokainmittelfeld

So oder so ist klar: Zum lang­samen Abstieg von Heroin gibt es eine florierende Gegenbewegung: «Kokain boomt gewaltig», sagt Gall. Contact leitet dies von den zahlreicher werdenden ­Heroinkonsumenten ab, die ­daneben auch noch koksen […]. In der Partyszene gehört Kokain – neben Alkohol, Cannabis, Speed und Ecstasy – zu den stimulierenden «Big Five».

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Die aufputschende Wirkung von Kokain ist bestens kompatibel mit kreativen Anforderungen der jugendfixierten Leistungs­gesellschaft. Viele haben den Konsum im Griff. Deshalb sind Kokainkonsumenten normalerweise integriert und unauffällig – und weder im Problemfokus der Politik noch der Drogenarbeit. Immer stärker in den Fokus rückt hingegen die Juniorenabteilung des Drogenmarktes: die Konsumenten der psychoaktiven Ecstasy-Pillen. Seit 2014 führt Contact an der Speichergasse das stationäre Angebot DIB+ mit Beratung, wo man Pillen gratis auf ihre Inhaltsstoffe testen lassen kann.

Wenn die Party vorbei ist

Aus diesen Tests weiss man: Die Konzentration des Wirkstoffs MDMA in den Pillen nimmt in schwindelerregendem Tempo zu. Werden hochgezüchtete Pillen unwissentlich eingeworfen, ist die Party schnell vorbei – es drohen Symptome wie Nervenzucken, Schlafstörungen, Depressionen. In England kam es jüngst zu mehreren Todesfällen von jungen Ecstasy-Konsumenten.

Mit Beratungs- und Informationsangeboten an Partys und Events versucht Contact, auf die Risiken von Partydrogen aufmerksam zu machen. Prävention zu leisten. Es sei noch nicht lange her, da habe man in der Raver­szene die Empfehlung abgegeben, höchstens eine halbe Pille zu konsumieren. Heute, sagt Rahel Gall, laute der Slogan «Be smarter, take a quarter».

Sie glaube, so Gall, dass sich die konsumierten Drogen und ihre gesellschaftliche Bewertung zwar veränderten. Langfristig ­gesehen bleibe der Anteil der Menschen, die psychoaktive Substanzen konsumieren, jedoch praktisch gleich.

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Jürg Steiner / Berner Zeitung 30.01.2018

Berner Zeitung 30.01.2018: Heroin stagniert, Kokain boomt, Ecstasy eskaliert

Berner Zeitung 30.01.2018: Das Nachwuchsproblem in der Berner Drogenszene

 

Mehr Infos zu:

CONTACT Anlaufstelle

dib+ Drogeninfo Nightlife

 

 

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